Bin ich ein Kämpfer?

Zuletzt wurde ich vereinzelt von manchen Mitmenschen als „Kämpfer“ bezeichnet. In den heutigen Zeilen findet ihr die Hintergründe, meine Gedanken und eine Selbsteinschätzung dazu …

Ich bin davon überzeugt, dass jene Menschen, die in mir einen Kämpfer sehen wollen dies wertschätzend meinen. Diese Einschätzung hat bestimmt nichts mit einer kriegerischen Gesinnung oder Machtgelüsten zutun. Die Bezeichnung des Kämpfers ist im heutigen Sprachgebrauch zumeist positiv belegt, wenngleich die weitere Beurteilung davon abhängt wofür oder wogegen ein Kampf geführt wird. In meiner Betrachtung geht es aber ausschließlich um das Wesen des Kämpfers und ob es auf mich wirklich zutreffen kann.

Als Kämpfer wurde ich von meinen Mitmenschen vorwiegend in Zusammenhang mit meiner langjährigen Krankengeschichte gesehen. Nach der Diagnose eines atypischen Meningeom widersetzte ich mich Ende 2008 dem Therapiekonzept des behandelnden Facharztes und wechselte das Krankenhaus. In den darauffolgenden Jahren habe ich nicht nur weitere Fachärzte aufgesucht sondern mich auch mit anderen Betroffenen ausgetauscht. Die Selbstverantwortung war mir stets wichtig und  die Auseinandersetzung mit meiner Krankengeschichte  konnte mir bei wichtigen  Entscheidungsfindungen helfen.

Daraus könnten einzelne nun den Schluß ziehen, dass ich einen Kampf gegen meine Krankheit führe – nur bin ich selbst mit dieser Formulierung alles andere als glücklich. Ich gebe schon zu, dass ich mich mit dem Begriff des Kampfes nicht so recht anfreunden kann. Meine Gedankenwelt mag hier etwas kompliziert erscheinen und wahrscheinlich ist sie das auch, doch möchte ich euch zwei Aspekte daraus vor Augen führen.

  • Natürlich ist es mein Bestreben den Tumor bestmöglich in Schach halten zu können. Aber hat sich deswegen in meinem Kopf ein Feind angesiedelt? Auch wenn diese Frage jeder ein wenig anders beantworten wird halte ich selbst nichts davon einen Tumor zu personalisieren.  Bei dieser Sichtweise kommt wohl auch meine Ablehnung gegenüber jeglichen Feindbilddenkens zum Ausdruck , da mich ein solches nur zusätzlich belasten würde.
  • Ist das Einholen von ärztlichen Zweitmeinungen ein Hinweis auf eine Kampfbereitschaft? Dazu sage ich ein klares NEIN. Ich wäre froh, wenn ich mir so manche Unklarheiten in meinem Krankheitsverlauf ersparen hätte können. Der Arzt zeigt mir einen Weg auf und es ist wesentlich, dass ich diesen auch verstehe und mich in die Entscheidungsfindung einbezogen fühle.

Es ist zwar richtig, dass ich in den letzten sechs Jahren zweimal den behandelnden Arzt gewechselt habe, aber ich tat dies bestimmt nicht um ein Mißtrauensvotum zu setzen. Vielmehr fühlte ich mich persönlich  in eine Sackgasse manövriert und hatte etwa Ende 2008 keine Ahnung ob und wie ich aus dieser wieder herauskommen könne.

Wollen wir nun abseits von meiner Krankheit die Frage in den Raum stellen, wiesehr ich dem Typus eines Kämpfers ähneln könnte. In einer Selbsteinschätzung würde ich sagen, dass ich aufgrund einer versteckten, aber durchaus stark ausgeprägten Hochsensibilität eigentlich jedem Konflikt am liebsten aus dem Weg gehen möchte. Dabei berücksichtige ich viel zu selten, dass ein aktives Austragen von Meinungsverschiedenheiten oder Ungerechtigkeiten zielführender sein könnte. Die strittigen Entscheidungen werden von mir nicht getroffen um einen persönlichen Vorteil zu erlangen, sondern weil ich zumeist keinen anderen Ausweg mehr sehe. Hier schließt sich der Kreis zu der vorhin beschriebenen Situation Ende 2008.

Es ist zwar zutreffend, dass ich mir Ziele stecke und auch bereit bin diese mit entsprechenden Einsatz zu verfolgen – doch sehe ich dies nicht als Kampf. Mit meiner nicht ganz einfachen Persönlichkeitsstruktur möchte ich mich in weiteren Beiträgen noch näher auseinandersetzen. Die Mauer, die ich viel zu oft und ungewollt gegenüber meinen Mitmenschen aufbaue, macht es diesen sehr schwer Einblicke in mein Seelenleben zu nehmen.

Wie gesagt, liebe Leute, ihr könnt gerne weiterhin in mir einen Kämpfer sehen, wenn ich in euren Augen einen solchen darstelle. Aber für mich selbst komme ich ganz klar zu dem Schluß: NEIN, ein Kämpfer bin ich bestimmt nicht!

1 Gedanke zu „Bin ich ein Kämpfer?“

  1. Vielleicht darf ich dir in diesem Zusammenhang erläutern, warum du in meinen Augen ein Kämpfer bist (selbstverständlich ohne Feindbilder): weil du dich nicht treiben lässt, von einer Arztentscheidung zur anderen sondern dein Schicksal selbst in die Hand nimmst. Im Grunde ist es das höchste Lob, das ich dir aussprechen kann.
    Aber ich akzeptiere selbstversändlich dass du diese Einschätzung sehr differenziert siehst und dich eigentlich nicht als Kämpfer siehst…

    Bleib stark, Peter! 🙂
    lg Silvia

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