Das Umfrageergebnis – Geschichten aus dem Cafe Steiner

In den letzten Wochen hatte ich mich in meinem Stammlokal durchaus etwas rar gemacht. Die frühlingshaften Temperaturen verleiteten dazu den Lokalen mit ausgiebigen Gastgärten den Vorzug zu geben. Am vergangenen Wochenende war es aber wieder soweit, daß ich einen Abstecher ins „ Cafe Steiner“ unternahm um erfahren zu können welche Neuigkeiten es unter den Stammgästen zu vermelden gibt.

Auch wenn ich versucht hatte mich aus politischen Themen bisher weitgehend heraushalten wollte war der Abend trotz der politisch orientierten Diskussionskultur durchaus interessant. Die Medien berichteten zuletzt recht übereinstimmend von einer Umfrage, wonach bei einer österreichischen Nationalratswahl die FPÖ unter H.C.Strache bereits stimmenstärkste Partei werden könnte. Auch wenn die nächste Wahl voraussichtlich erst in über zwei Jahren stattfinden wird hatte dieses Umfrageergebnis doch eine gewisse Brisanz in sich.

Die an der Schank des „Cafe Steiner“ aufliegende Tageszeitung „Der Standard“, der man gewiß keine politische Nähe zur FPÖ nachsagen kann, titelte mit der Botschaft „Umfrage sieht FPÖ knapp vorne“. In dem Artikel war zu lesen, daß die FPÖ laut den Zahlen des Meinungsforschungsinstitutes OGM auf 29 Prozent kommen würde, die derzeit regierende SPÖ käme knapp abgeschlagen auf 28 Prozent und die ÖVP auf 23 Prozent. Ein Zugewinn der Rechtspopulisten von bis zu 11,5 Prozentpunkten würde damit überwiegend auf Kosten der Regierungsparteien gehen, zum Teil aber auch auf Kosten des BZÖ.

Nicht besonders überraschend war, daß es Stammgast Helmut sein sollte, der die Diskussion startete, indem er seine Begeisterung für dieses Umfrageergebnis zum besten gab. „In zwei Jahren ist Strache Kanzler, dann wird alles anders.“ Daß in einem solchen Fall vieles anders werden würde wollte ich nicht mal bestreiten, nur weckt diese Form von Anderssein bei mir gewiß keine positiven Assoziationen. Die politische Diskussion in dem kleinen Lokal im 2. Wiener Gemeindebezirk verlief zeitweise auch durchwegs nicht unemotional.

Die überwiegende Mehrheit der anwesenden Gäste, der ich mir durchaus anschließen konnte, warf den regierenden Parteien SPÖ und ÖVP Mut- und Ideenlosigkeit bei anstehenden Reformvorhaben vor. Die Regierung vermittle immer mehr den Eindruck als wäre ihre einzige Aufgabe das Land zu verwalten, als auch notwendige, teilweise vielleicht auch unangenehme Reformen in Angriff zu nehmen. Die Unzufriedenheit mit dem Bestehenden verleitet naturgemäß zur Suche nach Alternativen – wenn diese Alternative nicht ausgerechnet die rechtspopulistische FPÖ wäre, könnte man diesem Vorgang auch durchaus Sympathie entgegenbringen. Wer sich die Umfrageergebnisse näher ansieht kann auch herauslesen, daß Strache nicht in erster Linie durch seine Person oder seine politischen Konzepte, sondern vielmehr durch die Unzufriedenheit über die regierenden Parteien punktet.

Es wäre nicht seriös heute schon vorherzusagen, wie sich das Wählerbarometer in den nächsten beiden Jahren bis zur Wahl entwickeln wird. Auch eine stimmenstärkste Partei FPÖ bedeute nicht automatisch einen Kanzler Strache. Auch 1999/2000 mußte sich die damals stimmenstärkste SPÖ mit der Oppositionsbank abfinden, als die ÖVP mit der FPÖ eine Koalitionsregierung bildete. Ich bin nicht davon überzeugt, ob sich die SPÖ mit ihrer seit 1986 gelebten Abgrenzungspolitik gegenüber der FPÖ einen guten Dienst erweist. So wenig ich einen Kanzler Strache befürworte, so sehr befürchte ich als überzeugter Demokrat daß einem H.C.Strache nur Einhalt geboten werden kann wenn er wenigstens kurzzeitig zeigen kann und muß was eine Regierungsbeteiligung seiner Partei bedeuten würde.

Pedro

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