Die Neiddebatte in der Politik – Ansichtssache

Unter dem Begriff Neid versteht man im Allgemeinen das moralisch vorwerfbare und emotionale Verübeln der Besserstellung eines anderen. Ich denke auch, dass die legendäre Redewendung „Neid ist was Schirches“ zweifellos ihre Berechtigung hat. So sehr ich Missgunst und Neid ablehne so sehr überrascht mich zuletzt dass diese Begriffe in den letzten Tagen auf eine etwas sonderbare Art und Weise Einzug in die österreichische Innenpolitik gehalten haben.

In Zeiten der Budgetkonsolidierung hat SP-Bundeskanzler Werner Faymann die Forderung nach einer Vermögenssteuer deponiert, wonach Vermögen über einer Grenze von einer Million Euro mit einem Steuersatz von 0,3 bis 0,7 Prozent zu besteuern wäre. Die Forderung wurde damit begründet, dass die hohe Steuerlast im internationalen Vergleich derzeit überwiegend Arbeitseinkommen und wesentlich geringer die Vermögenden treffen würde. Hier wäre unter Umständen eine Lastumverteilung wünschenswert.

Der Koalitionspartner ÖVP lief gegen eine solche Substanzsteuer sofort Sturm und warnte davor, dass eine solche Steuer zu einer weiteren Belastung des Mittelstandes führen würde. Diese Befürchtung ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar, da die Steuer erst ab einem Vermögen von über einer Million Euro einsetzen würde. Möglicherweise geht die Volkspartei hier aber auch von einer etwas weitläufigen Definition des Mittelstandes aus.

Einen besonderen Fauxpas lieferte sich in diesem Zusammenhang aber Maria Fekter beim EU-Finanzministertreffen mit einem äußerst zweifelhaften Vergleich. Die „enormen Feindbilder gegen Banken, die Reichen und die Vermögenden“ würden der österreichischen Finanzministerin Sorge bereiten. „So etwas hatten wir schon einmal, damals verbrämt gegen die Juden, aber damals waren ähnliche Gruppierungen gemeint. Es hat zweimal in einem Krieg geendet“, so die ergänzende Botschaft.

Schon am darauffolgenden Samstag versuchte Fekter einer Empfehlung ihres Parteichefs folgend ihre Aussage zu relativieren indem sie betonte, dass sie „Feindbilder gegen einzelne Bevölkerungsgruppen mit jeder Faser ihres Herzens“ ablehne. Ich möchte auch die Geisteshaltung gar nicht näher hinterfragen wie man es schaffen kann einen Zusammenhang zwischen einer Forderung nach einer Vermögenssteuer und den Anfängen des Holocaust herzustellen.

Die Sache um die es mir in meiner Kolumne heute eigentlich geht ist jene, wie es Maria Fekter im Abwehrkampf gegen eine höhere Reichenbesteuerung versucht hat mit emotionalen Befindlichkeiten zu spielen. Ihre Aussage sollte suggerieren, dass die Forderung nach einer Vermögenssteuer nur ein Beweis für den Neid auf die Besitzenden sei. Dass es in Wahrheit um Steuergerechtigkeit geht spielt bei ihren Betrachtungen plötzlich keine Rolle mehr. Eine höhere Kfz-Steuer würde demnach nur deshalb eingehoben werden um den Neid der Fußgänger zu befriedigen – man könnte hier noch beliebig viele Beispiele finden.

Aber auch in anderem Zusammenhang wurde die Neidkeule in der österreichischen Innenpolitik zuletzt ins Spiel gebracht. Die Forderung von Wissenschaftsminister Töchterle nach Wiedereinführung einer gestaffelten Studiengebühr betrachtete der ÖH-Vorsitzende Martin Schott als eine „Neiddebatte“. Auch in Zusammenhang mit der Mindestsicherung wurde diese Keule schon oftmals geschwungen. Mir ist bewusst, dass es sich hier um sehr verschiedene Themenbereiche handelt auf die ich jetzt auch gar nicht näher eingehen möchte. Einen konstruktiven Beitrag leistet der undifferenzierte Hinweis auf einen Neidkomplex in einer politischen Auseinandersetzung aus meiner Sicht aber praktisch nie.

In Wahrheit hätte die Bundesregierung beträchtlichen Reformbedarf zu bewältigen, der durch die gegenseitige Blockade der beiden Koalitionsparteien überwiegend vor sich hin geschoben wird. Die letzten Wortmeldungen zu aktuellen innenpolitischen Themen sind leider wieder ein eindrucksvoller Beweis dafür.

Pedro

 

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