Emotionslos – Reflexion

Ein guter Freund von uns beiden.
Eben erst 35 Jahre alt geworden.
Kam bei einem Autounfall ums Leben.
Er hatte keine Chance gehabt.
Wir erwiesen ihm die letzte Ehre.
Ebenso wie viele andere Menschen.
Bei der Trauerfeier am Friedhof.
Erschütternd.

Über das Schicksal von Martin.
Haben wir uns lange unterhalten.
Und ich konnte gut erkennen.
Wie sehr dich der Tod des Freundes.
Auch emotional mitgenommen hat.
Es war dir einfach noch nicht möglich.
Das Geschehene zu verarbeiten.
Wie unvorhersehbar das Leben.
Doch manchmal sein kann.
Wird uns damit erst bewusst.

Gestern trafen sich Martins Freunde.
In einem Cafe in der Innenstadt.
In erster Linie sollte es darum gehen.
Die Gedanken auszutauschen.
Irgendwie doch eigenartig.
Dachte ich mir im Laufe des Abends.
Wie unterschiedlich die Menschen.
Einen Schicksalsschlag verarbeiten.
Wie sie mit einen Verlust umgehen.
Diese tiefe Erkenntnis.
Konnte ich aus dem Treffen gewinnen.

Es sollte kein Vorwurf sein.
War aber aus meiner Sicht.
Dennoch nicht sehr geschmackvoll.
Als man darauf zu sprechen kam.
Dass du bei der Trauerfeier.
Etwas emotionslos gewirkt hättest.
Wie kommt man auf so etwas?
Habe ich mich gefragt.

Es stimmt schon.
Bei der Trauerfeier am Friedhof.
Warst du völlig verkrampft.
Standest hinter dem Sarg.
Ohne erkennbarer Emotionen.

Es war wohl nicht böse gemeint.
Aber ich kann nicht verstehen.
Was man sich dabei gedacht hat.
Dich darauf anzusprechen.
Ob du dich in dieser Ausnahmesituation.
Angemessen verhalten hast.
Wollte man dir ernsthaft.
Gleichgültigkeit unterstellen?
Das hoffe ich wohl doch nicht.
Aber man hätte es bestimmt.
So oder so ähnlich auffassen können.

Ich bekenne mich zu klaren Worten.
Auch in einer solchen Situation.
Aber ich hätte mir schon erwartet.
Dass gerade unsere Freunde.
Dich wenigstens so gut kennen.
Um dich ausreichend zu verstehen.
Aber möglicherweise ist gerade das.
Schon oftmals zu viel erwartet.
Wenn es auch bei deiner Person.
Gewiss nicht einfach ist.

Ich weiß schon.
Du hast das Gespräch in dem Cafe.
Wohl schon wieder vergessen.
Oder es auch einfach nur verdrängt.
Du weißt es selbst.
Dass du oft missverstanden wirst.
Und du leidest auch selbst darunter.
Aber du bist wie du bist.
Und es ist gut so.

Pedro