Via Sacra

2015 wollte ich den Via Sacra beschreiten, habe die Wanderung dann aber nach acht Stunden in Mayerling abgebrochen. Wie es dazu kam möchte ich für mich selbst zu hinterfragen versuchen.

Die Vorbereitungen

In den letzten Monaten habe ich Wanderungen in Wien und der näheren Umgebung unternommen, bei denen zumeist eine Distanz zwischen 15 und maximal 25 Kilometer zurückzulegen war. Schon längere Zeit habe ich mich auch mit der Möglichkeit von Mehrtagestouren beschäftigt und dabei besonders den 125 Kilometer langen Via Sacra von Hinterbrühl nach Mariazell ins Auge gefasst. Einer Wandergruppe wollte ich mich aber keinesfalls anschließen – die Hintergründe zu diesem Hemmnis sind schwierig zu erklären, finden sich aber zum Teil in vorangegangenen Einträgen im Mind Blog. Eine zielführende Option könnte es sein die Tour zusammen mit einem guten Freund zurückzulegen, was aber kurzfristig nicht umsetzbar war.

Meine Psychotherapeutin bestärkte mich dann im September mit ihrer Aussage, dass sie mir ohne weiteres zutrauen würde eine solche Wanderung auch alleine zurückzulegen. Über ein Angebot des Mostviertler Tourismus konnte ich dann Übernachtungen in Kaumberg, Lilienfeld und Annaberg buchen und beschloss spontan den Via Sacra von 12. bis 15. Oktober zurückzulegen. Die Motivation bestand wohl darin mir selbst etwas beweisen und an meinem Geburtstag den Wallfahrtsort Mariazell erreichen zu können. Die Psychotherapeutin zeigte sich positiv überrascht und merkte an, dass sie kaum damit gerechnet hätte dass ich einen solchen Schritt setzen würde.

In der vorigen Woche definierten wir dann noch mögliche Aufgabenstellungen um mein nicht ganz unproblematisches soziales Verhalten gegenüber den Mitmenschen verbessern zu können. In einer persönlichen Gedankennotiz findet sich der Hinweis, dass ich „natürlich davon ausging den Zielort zu erreichen“, zugleich aber auch dass die Motivation vorrangig darin bestünde „mich einer sozialen Herausforderung zu stellen“. Im Vorfeld habe ich noch manche Einkäufe bei Sportartikelhändlern getätigt und versucht mich penibel auf den Weg vorzubereiten. In Wahrheit habe ich damit aber einen abwehrenden Teil in mir selbst zu überrumpeln versucht – was zwar mehr als legitim war, aber letztlich scheiterte …

Die Wanderung

Am Montag, dem 12. Oktober 2015 war ich in der Früh mit S-Bahn und Bus nach Hinterbrühl angereist. Der Rucksack war voll bepackt und auch mit Kartenmaterial und GPS Tracks am Smartphone hatte ich mich ausgerüstet. Am ersten Tag wären 42 Kilometer mit nicht besonders anspruchsvollen Anstiegen zurückzulegen gewesen und die Übernachtung in Kaumberg war reserviert. Der Via Sacra ist grundsätzlich beschildert, aufgrund der Länge sollte man sich aber auch nicht darauf verlassen an jeder Wegkreuzung eine Hinweistafel zu finden.

Was war nun aber geschehen, dass ich mich letztlich von meinem Vorsatz verabschiedet hatte …?

  • Immer öfters kam ich vom Weg ab, was ich nachträglich am Smartphone erkennen musste. Einige Streckenabschnitte legte ich entlang der Bundesstraße zurück, obwohl diese eigentlich durch den Wald verlaufen hätten sollen. Besonders in Gaaden, aber auch in Mayerling machte sich eine gewisse Orientierungslosigkeit breit. Andere Wanderer oder auch Ortsbewohner waren kaum zu sehen und ich wäre wohl auch zu gehemmt gewesen diese anzusprechen.
  • Die damit verbundenen Umwege kosteten auch zusätzliche Kilometer und Zeit, sodaß ich befürchtete erst in der Nacht in Kaumberg einzutreffen. Es war aber auch klar, dass der nächste Tag eine nicht mindere Herausforderung beinhalten würde.
  • Obwohl ich mir erst kürzlich neue Wanderschuhe gekauft hatte, wurden die letzten Wanderungen mit Straßenschuhen zurückgelegt. Damit waren die Schuhe nicht eingegangen und ihre Passform darüberhinaus auch nicht optimal. Die Füße begannen zu schmerzen und ich musste zunehmend Pausen einlegen.
  • Die Motivation schwand, aber ich wollte mich noch dagegen widersetzen die Tour abzubrechen. Hier war der Punkt gekommen, wo der sozial gehemmte Teil in mir zunehmend die Oberhand gewann. Auch wenn ich die Herausforderung als wichtig empfand würde ich mich doch nicht wirklich darauf freuen in den Quartieren auf gänzlich fremde Menschen zu treffen. Als ich mich kurz nach 17 Uhr am Ortsende von Mayerling auf einem Bankerl ausruhte kam zufällig ein Regionalbus in Richtung Mödling (S-Bahn) angefahren. Das war es dann …

Die Kilometer von Hinterbrühl nach Mayerling legte ich – inklusive der erwähnten Umwege – in knapp acht Stunden zurück, da war ich bei vorangegangenen Wanderungen zweifellos schon schneller unterwegs. Bis nach Kaumberg hätte ich noch die Orte Maria Raisenmarkt, Hafnerberg, Klein Mariazell, Untertriesting und Laabach passieren müssen.

Ich finde es durchaus wichtig, dass ich mich der Herausforderung des Via Sacra stellen wollte. Aber ich stehe auch dazu, dass ich die Tour letztlich abgebrochen habe. Ein neuerlicher Anlauf unter besseren Voraussetzungen im Laufe der nächsten Jahre scheint nicht ausgeschlossen …

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