Der Begriff der Boulevardmedien steht für ein Klassifikation im Bereich des Journalismus. Die Aufmachung solcher Zeitungen ist von einem plakativen Stil geprägt und nicht selten werden reißerische Schlagzeilen in großen Balkenüberschriften verkündet. Im Lexikon der Kommunikations- und Medienwissenschaften werden auch die „einfache, stark komprimierte Sprache“ sowie die „zahlreichen, oft großformatigen Fotos“ als Kennzeichen angeführt. Zahlreiche Informationen rund um das Themengebiet der Boulevardformate konnte ich unter de.wikipedia.org und vielen anderen Portalen finden.
Schon seit geraumer Zeit werden in größeren Städten an gut frequentierten Plätzen – wie etwa U-Bahn Stationen – derartige Zeitungen zur kostenfreien Entnahme bereitgestellt. Es ist wohl nicht überraschend, daß sich die Verleger keinesfalls über zu geringe Abnehmerzahlen beklagen können. Die größte Gratis-Zeitung in Österreich gilt mit einer Reichweite von 13,8 Prozent als zweitmeistgelesene Tageszeitung des Landes. Ein solcher Wert ist nicht zuletzt für die Werbewirtschaft von großer Bedeutung und trägt zum kommerziellen Erfolg dieser Zeitungen bei.
Es geht mir in meinen heutigen Zeilen um keine Wertung, sondern vielmehr um ein Gedankenspiel. Der Gratis-Aspekt ist zwar bedeutend, aber nicht alleine ausschlaggebend für die Auflagenstärke. Denn auch derartige Boulevard-Medien, welche zum Kauf angeboten werden, können zumeist eine höhere Auflage als die sogenannten Qualitätszeitungen aufweisen.
Nicht nur die eingangs erwähnte „komprimierte Sprache“, sondern auch die Themenwahl trägt dazu bei eine möglichst große Leserschaft anzusprechen. Von Zeitungen – die ich online lese – erwarte ich mir selbst in erster Linie fundierte Hintergrundberichte zum politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Weltgeschehen. Diesen Anspruch wird das Boulevardformat nicht wirklich ausreichend abdecken können, da der Fokus auf personifizierte Berichterstattung und Chronik gerichtet ist und Emotionen geweckt werden sollen.
Jede Zeitung möchte zwar von sich behaupten sich der Objektivität verschrieben zu haben, doch läßt sich eine inhaltliche Ausrichtung zumeist nicht leugnen. Dieser Umstand trägt letztlich auch dazu bei, daß sich die angesprochenen Leser mit „ihrer“ Zeitung bestmöglich identifizieren können. Die Forensysteme in den Onlinemedien sind als „virtueller Stammtisch“ kaum mehr wegzudenken, weisen aber oftmals auch eine Aussage zur politischen wie auch intelektuellen Gesinnung der Leser auf.
Dass ich kürzlich ausnahmsweise doch bei einer Gratiszeitung zugegriffen habe war letztlich auf die plakative Schlagzeile zurückzuführen, die mir ins Auge gesprungen ist …
Ein 29jähriger „AMS Stammkunde“ aus Niederösterreich hatte dem Blatt erklärt, daß es „in diesem Land einfach keinen Ansporn mehr gebe einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen“. Nun lebe der gelernte Fleischer mit „Mini-Job, AMS-Geld, Pfusch und Beihilfen besser denn je zuvor“.
Es ist keine Frage, daß die als Schlagzeile eingesetzte Wortmeldung des jungen Mannes – wie es sich für Boulevardzeitungen gehört – polarisieren sollte. Erst kürzlich hatten sich in der Bundesregierung einige Unstimmigkeiten über die bei Arbeitslosengeldbeziehern geltenden Zumutbarkeitsbestimmungen aufgetan. Diese heikle politische Frage beschäftigt mich durchaus, doch möchte ich an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen.
Auch vor dem „Outing“ des 29jährigen Markus F. waren mit vergleichbare Fälle durchaus auch persönlich bekannt. Es ist die Aufgabe der Politiker derartige Rahmenbedingungen zu schaffen, durch welche ein Mißbrauch weitgehend verhindert werden kann. Das System soll gerecht und finanzierbar bleiben und ein sozialer Kahlschlag ist aus meiner Sicht gleichermaßen wie eine pauschale Verunglimpfung von arbeitslosen Menschen abzulehnen. Zu all diesen Fragen rund um den Themenkomplex hatte der vorgestellte Artikel nichts beigetragen, doch wurden die Emotionen am Stammtisch bestimmt mehr als ausreichend bedient.
Pedro