Das Sparbuch – Geschichten aus dem Cafe Steiner

Das Cafe Steiner wäre einfach nicht das was es ist, wenn man sich bei einem Besuch nicht darauf verlassen könnte eine Unmenge an bekannten Gesichter anzutreffen. Zu den langjährigen Stammgästen gehört zweifellos auch Josef, ein rüstiger Rentner, von dem ich euch in vorangegangenen Geschichten schon die eine oder andere Anekdote erzählt habe. Zumeist ist der vielfältig interessierte Josef Haas am Abend in dem Kaffeehaus anzutreffen.

Auch bei meinem letzten Besuch im Cafe Steiner war Josef anwesend und nach einer kurzen Begrüßung nahm ich neben ihm an der Schank Platz. Josef war gerade in die Abendausgabe der Tageszeitung „Kurier“ vertieft, die in dicken Lettern gedruckt von den jüngsten Entwicklungen rund um die Wirtschaftskrise berichtete. „Man sollte gar nicht mehr in die Zeitung schauen“, hörte ich Josef sagen, „weil es ist schon schlimm wenn man lesen muß, daß alles den Bach runtergeht“. Natürlich sind die Wirtschaftsnachrichten derzeit nicht allzu erfreulich und auch das Ausmaß der Krise wohl noch nicht vollständig abschätzbar. Dennoch versuchte ich Josef zu erwidern, daß es sich dabei aus meiner Sicht zwar um einen deutlichen Abschwung aber wohl nicht um eine dauerhaften Schädigung des Wirtschaftsraumes handeln müsse.

„Weißt du, Pedro, du mußt mich auch verstehen. Ich hab mein Leben lang schwer gearbeitet und durchaus meinen Notgroschen am Sparbuch liegen. Mein Wohnungsnachbar meinte zuletzt zu mir, daß durch die Schuldenkrise auch die Sparguthaben umfallen würden.“

In bin selbst zu wirtschaftspolitischen Themen zwar nicht desinteressiert würde mir aber bestimmt nicht anmaßen einem Bekannten Anlagetips zu geben. Die Aussage von Josefs Nachbarn finde ich in jedem Fall etwas unsensibel. Eine Geldreserve am Sparbuch ist vorerst mal durch die Einlagensicherung geschützt und wenn das gesamte Wirtschaftssystem nachhaltig ins Wanken geraten sollte stünden wir ohnehin vor einer gänzlich neuen Situation. Dann wären zwar auch die Sparguthaben nicht mehr sicher, aber das wäre auch nicht das einzige Problem.

Die aufgeworfenen Gedanken von Josef blieben aber auch den anderen Stammgästen nicht verborgen und es sollte sich an dem Abend noch eine teils skurrile Diskussion über die Bankenwelt entwickeln. Helmut verriet uns etwa, daß er schon seit vielen Jahren kein Geld auf Sparbüchern liegen hätte sondern mit von ihm bewußt ausgewählten Investment-Fonds jede Menge Geld verdient hätte. Dass diese Fonds den derzeitigen Marktturbulenzen Stand gehalten hätten würde mich aber schon etwas überraschen.

Auch Bankbetreuer wirken zuletzt sehr zurückhaltend, wenn sie nach Anlagemöglichkeiten gefragt werden. Es herrschen verschiedene Meinungen und Ansichten darüber vor welche Veranlagungen den besten Kompromiß zwischen Sicherheit und Ertrag herstellen könnten. In den letzten Monaten haben Aktien sehr deutlich an Wert verloren während Gold und teilweise auch Immobilien zulegen konnten. Es ist aber gewiß nicht in Stein gemeißelt, daß sich diese Entwicklung so fortsetzen wird. Der Kleinanleger hat oftmals unzureichende Möglichkeiten sich einen Überblick zu verschaffen und in der Regel auch nicht die finanziellen Möglichkeiten einer breiten Streuung. Ich hoffe, daß ich an dem Abend mit meinen Argumenten die Sorgen von Josef um sein Sparbuch ein wenig zerstreuen konnte.

Pedro

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