Der Goldkurs – Geschichten aus dem Cafe Steiner

Die Stammgäste im „Cafe Steiner“ hatten Kellnerin Monika, die sonst meist am Wochenende hinter der Schank anzutreffen ist, zuletzt schon vermisst. Monika hatte die letzten drei Wochen mit ihrem Lebensgefährten eine schon länger geplante Rundreise durch Ägypten unternommen. Am vergangenen Samstag gab es ein freudiges Wiedersehen im „Steiner“ und natürlich auch einiges über die Reise zu berichten. Das mediterane Klima in Ägypten, so erzählte uns Monika, verschafft auch Ende September Temperaturen über 30 Grad womit das Baden im Roten Meer natürlich möglich war. Aber auch die kulturellen Angebote sollten nicht ausgelassen werden und so wurde etwa die Hauptstadt Kairo sehr ausgiebig besucht.

Nicht nur dass Monika eine gute Bräunung aus ihrem Urlaub mitgebracht hatte zeigte sie den Stammgästen auch ein klein wenig stolz ein Mitbringsel aus dem „Land der Pharaonen“. Es handelte sich um ein kunstvoll gestaltetes zierliches goldenes Armband, dass sie bei einem Juwelier in der ägyptischen Hauptstadt entdeckt hatte und welches sie einfach nicht mehr loslassen sollte. Das Kunstwerk, dass Monika am Arm trug, wurde durchwegs bestaunt bis Josef das Gespräch unbewusst und wahrscheinlich auch ungewollt auf das Thema Goldpreis lenkte. „Da hast du auf jeden Fall auch eine schöne Wertanlage, ich hab erst zuletzt in der „Kronen Zeitung“ gelesen welchen Höchststand der Goldpreis wieder erreicht hat.“

Das war offenbar das Stichwort durch welches sich Jürgen, der kurz zuvor neben mir an der Schank Platz genommen hatte, auf den Plan gerufen fühlte. Ich selbst habe mit Jürgen in der Vergangenheit durchaus schon das eine oder andere kontroverse und durchwegs interessante Gespräch geführt, doch muss man seine manchmal etwas ungewöhnlichen Meinungen richtig zu verstehen wissen. Das soll keinesfalls ein Vorwurf an Jürgen sein, denn unterschiedliche Meinungen können eine Diskussion durchaus bereichern sofern sie sich in vertretbaren Rahmen bewegen.

„Alle Leute meinen der Goldpreis wäre so gestiegen, dabei stimmt das doch gar nicht.“, begann Jürgen seine Botschaft unter die Leute zu bringen. „Aber das kannst du doch nicht bestreiten, dass sich der Wert des Goldes in den letzten 10 Jahren mindestens verdreifacht hat.“, erwiderte Josef daraufhin. „Du meinst den Goldpreis in Euro gerechnet“, ließ Jürgen in gewohnter Weise nicht locker, „aber es ist nicht das Gold gestiegen, sondern die Währung gefallen. Alle Leute flüchten ins Gold als einzige noch sichere Anlageform.“ In weiterer Folge wollte uns Jürgen vor Augen führen, dass die Währungspolitik der meisten Länder ohnehin in eine Sackgasse führen und er demnächst mit den ersten Staatsbankrott in Europa rechnen würde. Jürgen arbeitet in einem Sozalreferat der Stadt Wien, ist also mit dem Geldwesen beruflich nicht unmittelbar konfrontiert, doch zweifellos interessiert.

Natürlich gibt es Experten, welche die Meinung vertreten dass der rasche Anstieg des Goldkurses ein Vorbote einer höheren Inflation sein könnte. Auch daß der vergleichsweise hohe Kurs des Euro gegenüber dem US-Dollar seinen Anteil an der Entwicklung ausmacht ist möglich. Vor kurzem las ich in der Zeitung auch ein Interview mit einem Professor der Wirtschaftsuniversität Wien, der die Meinung vertrat dass der „ultimative Crash“ bevorstehen würde da „das Finanzsystem ein Betrugsmodell sei“. Andererseits fehlt mir selbst die entsprechende Ausbildung und auch das Hintergrundwissen eines Anlageberaters, weshalb ich es auch unterließ mich mit solchen Argumenten zu Wort zu melden. Wenn ich also sage, daß Jürgens Ansichten auf jeden Fall zu schwarz gemalt seien stellt dies natürlich nur meine persönliche Meinung dar.

Pedro

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