Der Jakobsweg – Geschichten aus dem Cafe Steiner

„Kennst du vielleicht den Film ‚Dein Weg‘ ?“, fragte mich Jürgen bei meinem letzten Besuch im Cafe Steiner, als wir in der Vorweihnachtszeit an der Schank saßen. Er hatte den Film vor wenigen Tagen erstmalig gesehen und aus seinen Erzählungen konnte ich rasch erkennen, dass er von dessen Handlung sehr angetan war. Auch mein Interesse war geweckt worden und mittlerweile habe ich die DVD daheim und konnte mir den Film bereits ansehen. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei Jürgen für den Tipp und kann den Film allen Interessierten sehr empfehlen.

In dem Streifen aus dem Jahr 2010 verkörpert Martin Sheen den amerikanischen Arzt Tom Avery, dessen Sohn Daniel auf dem Jakobsweg bei einem Sturm ums Leben kam. Als Jakobsweg werden Pilgerwege durch ganz Europa bezeichnet, welche die Kathedrale von Santiago de Compostella zum Ziel haben. Letztlich beschließt der Vater aus Trauer und zu Ehren seines Sohnes den alten, spirituellen Pfad zu bestreiten und dabei die Asche des Verstorbenen zu verstreuen. Unterwegs trifft Tom immer wieder andere Pilger, die auf der Suche nach mehr Sinn in ihrem Leben sind. Der Sohn von Martin Sheen, Emilio Estevez, war für die Regie verantwortlich und übernahm auch die Rolle des verunglückten Sohnes David Avery. Die internationalen Kritiker lobten den Film unter anderem als „höchst reizvolle Auseinandersetzung mit dem Jakobsweg, welche die Vielgestaltigkeit und Ambivalenzen modernen Pilgerns reflektiere“.

„Dieser Film hat mich schon sehr bewegt. Ein wenig überkam mich dabei die Sehnsucht diesen Weg auch mal zu bestreiten. Wenngleich ich schon weiß, dass das wohl nicht möglich sein wird.“, versuchte Jürgen, die ihm umschleichenden Gefühle in Worte zu fassen. „Ich kann dich schon verstehen“, erwiderte ich leise. Alleine schon daran zu denken dem Alltagstrott zu entfliehen und die innere Einkehr zu suchen kann eine große seelische Erleichterung bewirken. Wie realistisch ein solches Vorhaben ist dürfen wir dabei vorerst auch mal getrost übersehen und unseren Gedanken freien Lauf lassen. Die Luftlinie zwischen Wien und Santiago De Compostella beläuft sich auf über 2.000 Kilometer. Natürlich werden wir nicht alles hinwerfen und uns unvorbereitet auf die Reise machen. Aber Teilabschnitte, wie etwa die „Jakobswege Österreich“ oder der „Via Sacra“ nach Mariazell könnten letztlich durchaus ein Anfang sein.

„Jetzt bin ich aber überrascht, Pedro. Ich hätte gar nicht geglaubt, dass du so ein religiöser Mensch bist.“, warf Kellner Martin ein, der die Gedankenspiele zwischen Jürgen und mir ein wenig mitverfolgt hatte. Natürlich führt der Jakobsweg zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus in Galicien und entstand aus einer der größten Pilgertraditionen des Christentums im 11. Jahrhundert. Seit den 1970er Jahren haben die Wanderungen entlang des Jakobsweg einen großen Aufschwung erlebt und im Jahr 2013 waren etwas mehr als 200.000 Menschen unterwegs nach Santiago de Compostella. Diese haben verschiedene Routen, mindestens aber die letzten 100 Kilometer vor dem Ziel zurückgelegt und dies mit Stempeln von einzelnen Stationen in einem Pilgerausweis hinterlegt.

Wie der Film „Dein Weg“ auch sehr anschaulich vermitteln möchte steht der religiöse Aspekt heutzutage keinesfalls bei allen diesen Wanderern mehr im Mittelpunkt. Im Internet finden sich Berichte, in denen auch Atheisten von ihrem Weg nach Spanien berichten und damit aufzeigen, dass dies kein Widerspruch ist. Die Motivation jedes Einzelnen ist zweifellos sehr individuell. Es kann sich um sportliche Ziele handeln, aber auch das internationale Kennenlernen anderer Kulturen und bestimmt nicht zuletzt die innere Einkehr können als großer Mehrwert wahrgenommen. werden.

Zuletzt konnte ich an mir selbst schon beobachten, dass ich gegenüber Freunden davon erzähle dass ich eines Tages den Jakobsweg bestreiten werde. Jürgen hat mich also ganz offensichtlich mit seiner Begeisterung angesteckt. Wie realistisch das ist kann und will ich heute nicht sagen, doch wäre es mir zweifellos ein großes Anliegen mich auch ausgedehnten Wanderungen als Ausgleichssport vermehrt zu widmen.

Pedro


 

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