Im Jahr 1996 wurde im Zuge der vollzogenen Neustrukturierung der vormaligen Post- und Telegraphenverwaltung die “Österreichische Post AG” gegründet. Diese durchaus auch internationalen Standards entsprechende Maßnahme sollte dafür sorgen, dass sich die Post auf ihr Kerngeschäft konzentrieren soll und Bereiche wie Telekom oder Postbus in andere Gesellschaften abgespaltet wurden. Im Jahr 2002 wurde die Universaldienstverordnung beschlossen, die eine flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen sicherstellen sollte.
Die einstmalige ÖVP-FPÖ/BZÖ Bundesregierung hatte sich stets für die Privatisierung der noch verbliebenen Staatsbetriebe stark gemacht, wovon letztlich auch die Post nicht verschont bleiben sollte. Im Mai 2006 startete in einer professionell vermarkteten Aktion der Verkauf von 31,5 Millionen Aktien der Österreichischen Post AG. Da der Staat über die ÖIAG weiterhin einen Anteil von 51 Prozent hält, befindet sich die Post damit seither zu 49 Prozent in Streubesitz. Das Unternehmen hat eine Marktkapitalisierung von knapp 2 Milliarden Euro und weist mehrere namhafte nationale und internationale Beteiligungen auf. Das Unternehmen beschäftigt über 25.000 Mitarbeiter, die aufgrund der historischen Entwicklung der Post teilweise auch noch Beamtenstatus genießen.
Die Österreichische Post AG hat derzeit bundesweit noch knapp 1.300 Filialen, die teilweise von sogenannten Post-Partnern betrieben werden. Alleine seit der Neustrukturierung des Unternehmens wurden über 900 Filialen geschlossen, bei denen mangelnde Rentabilität festgestellt wurde. Für einen Aufschrei sorgte Ende vorigen Jahres Post-Generaldirektor Anton Wais, als er laut über die weitere Schließung von 1.000 Postfilialen nachdachte. Nach einem solchen Kahlschlag würden österreichweit lediglich 300 Filialen verbleiben. Der damalige Infrastrukturminister und nunmehrige Bundeskanzler Werner Faymann verfügte daraufhin, dass es in den nächsten sechs Monaten zu keinen Schließungen von Postfilialen kommen dürfe. Dieser in Wahlkampfzeiten medial sehr effektiv gesetzte Beschluss hatte aber natürlich keinerlei Lösungscharakter und führt nun eben dazu, dass die Debatte um die eigentlich nur aufgeschobene Schließungswelle gerade wieder ins Laufen gerät. Die politischen Kommentare zu diesen Plänen waren geteilt und reichten von Zustimmung bis zu einer Forderung nach Abberufung des Post-Vorstandes. Regionalpolitiker und nicht zuletzt die Post-Gewerkschaft warteten mit Kampfansagen auf.
Auch wenn Analysten sich beim Börsengang der Post nicht mit Vorschusslorbeeren überschlugen, können die Aktionäre trotz Weltwirtschaftskrise mit der Performance des Wertpapiers durchaus zufrieden sein. Die Aktie legte vom Ausgabekurs im Mai 2006 von rund 19 Euro auf zuletzt rund 26 Euro zu, die Dividendenrendite betrug zuletzt 9 Prozent. Tatsächlich zeigt auch die Unternehmensentwicklung, dass der Jahresumsatz zuletzt um 579 Mio. Euro auf 2,3 Milliarden Euro und das Betriebsergebnis um 40 Mio. Euro auf 163 Mio. Euro zulegen konnte.
Die Kritiker der Schließungspläne – zu denen ich mich selbst auch zählen darf – fragen sich also, warum ein Unternehmen mit steigenden Umsätzen und Gewinnen derartige Maßnahmen für notwendig hält. Von der Post hört man, dass es nur darum ginge unrentable Filialen zu schließen. Da ich die Post als wichtigen Teil der vor allem auch ländlichen Infrastruktur sehe, kann man diese Darstellung meiner Ansicht nach nicht so im Raum stehen lassen. Dem Bergbauern einen mit einer 55 Cent Briefmarke versehenen Brief zuzustellen wird nie gewinnbringend möglich sein, auch wenn dieser Vergleich nun etwas zu einfach formuliert klingen mag. Dass die Post als börsennotiertes Unternehmen nach marktwirtschaftlichen Kriterien zu führen ist, kann kein Widerspruch zur infrastrukturellen Aufgabe im Sinne der Universaldienstverordnung sein.
Die Post beruft sich bei ihren Zukunftsängsten aber auf eine Verordnung der Europäischen Union zur Liberalisierung des Post-Marktes. Ab 2011 darf jedes zugelassene Unternehmen in Österreich sämtliche Dienstleistungen erbringen, die bis dahin der Österreichischen Post AG als ehemaligen Staatsmonopolisten vorbehalten waren. Private Paketdienste, die schon derzeit in direkter Konkurrenz zur Post stehen, könnten schon in den Startlöchern harren. Zuletzt mahnte EU-Kommissar McCreevy die österreichische Post, dass die Briefkästen für die Konkurrenten noch nicht ausreichend zugänglich wären. Ein heikler Punkt, der im Vorhinein aus meiner Sicht schwer einzuschätzen ist. Private Konkurrenz ist grundsätzlich zu begrüßen und könnte vor allem am Anfang vereinzelt zu Preiskämpfen führen. Ein solcher kann aber wiederum nur dann fair geführt werden, wenn die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen sichergestellt ist. Darunter verstehe ich auch eine Post-Filiale in annehmbarer Entfernung, auch in nicht ganz so urbaner Lage. Zur Universaldienstleistung bekennt sich die Post, auch wenn es hier Interpretationsspielraum gibt. Von privater Konkurrenz müsste dieses Bekenntnis aber auch abverlangt werden können, falls notwendig auch über eine gesetzliche Verordnung. Marktliberalisierung kann nicht alles sein.
Pedro