„Er ist wieder da“ – Ansichtssache

buch_eristwiederdaIch schlenderte mit Silvia über die Linzer Landstraße und wir beschlossen einen Abstecher in die Buchhandlung „Thalia“ zu unternehmen. Es kann oftmals eine Bereicherung sein, wenn man sich mit den vielfältigen literarischen Angeboten etwas auseinandersetzen kann. Unter den Bestsellern waren zahlreiche Bücher gestapelt, die zuletzt schon beachtliche Verkaufserfolge aufweisen konnten. Darunter sprang mir ein Buchcover in die Augen, das rasch mein Interesse weckte. Unter dem Titel „Er ist wieder da“ und einer doch recht eindeutigen Symbolik verbarg sich wohl ein Buch über die Rückkehr von Adolf Hitler. Dem Buchrücken konnte ich entnehmen, dass es sich um eine Mischung aus einer Persiflage, einer Satire oder auch einer Commedy handeln könnte.

Die Neugierde ließ mich nicht mehr los und so kaufte ich mir das Buch kurze Zeit später. Der Roman war nach der Präsentation auf der Frankfurter Buchmesse bis auf Platz 1 der „Spiegel“-Bestsellerliste gestiegen. Für den deutschen Journalisten und Buchautor Timur Vermes handelte es sich um seinen Debütroman, der ihm aus meiner Sicht durchaus gelungen war. Die Themenwahl war wohl ein sehr mutiger Schritt, der bei mir anfangs auch für ein wenig Irritation sorgen sollte. Auch wenn es sich gewiss nicht um die erste Satire rund um Hitler handelte, hätte ich anfangs befürchtet dass die Darstellungen sehr rasch unbewusst als Verharmlosung des GröVaZ wahrgenommen werden könnten. Diese Befürchtung hat sich aber erfreulicherweise nicht bewahrheitet.

Nachdem ich das Buch mittlerweile in wenigen Tagen gelesen habe, möchte ich die Handlung kurz zusammenfassen. Im Sommer 2011 erwacht Adolf Hitler auf einer Wiese in Berlin und glaubt vorerst einen Filmriss gehabt zu haben. Erst an einem Kiosk, wo er den „Völkischen Beobachter“ kaufen möchte, erfährt er das aktuelle Datum, nämlich den 30. August 2011. Er kommt mit dem Kioskinhaber ins Gespräch und dieser lässt ihm vorerst in seinem Kiosk übernachten. Sein Umfeld geht davon aus einen grandiosen Schauspieler vor sich zu haben, der Hitler nicht nur verblüffend ähnlich sieht sondern auch so spricht wie er. Hitler lebt jedenfalls 66 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges seine reale Gedankenwelt weiter. In weiterer Folge lernt er Mitarbeiter von der Agentur „Flashlight“ kennen, die von seinem Ausführungen vom Polenfeldzug begeistert sind und ihm für eine Comedy engagieren möchten. Er kann nun in ein Hotel übersiedeln und bekommt ein eigenes Büro und eine Sekretärin. Die neuen technischen Errungenschaften, wie der PC und das Internet begeistern ihm zunehmend, da er meint sie gut für Propagandazwecke einsetzen zu können.

Der erste Auftritt Hitlers in der Comedy Show des türkischstämmigen Ali Wizgür wird auf Youtube zur Verfügung gestellt und sorgt für zahlreiche Zugriffe. Seinen neu erreichten Bekanntheitsgrad vergleicht er mit der Zeit nach seiner Haftentlassung 1924. Zusammen mit einem Kamerateam besucht Hitler die Zentrale der NPD in Berlin und ist über den Zustand der Partei äußerst wütend und enttäuscht. Die Öffentlichkeit nimmt seine Auftritte unterschiedlich wahr, würdigt aber letztlich sein angebliches schauspielerisches Talent. Eines Abends wird Hitler von Skinheads zusammengeschlagen und muss einige Zeit in der Klinik bleiben. Im Krankenhaus melden sich bei ihm mehrere Politiker, die ihm alle nahelegen wollen in die jeweilige Partei einzutreten. Ein Verlag meldet sich bei Hitler und bittet ihm ein Buch zu schreiben.

Ich scheue mich nicht davor euch den Roman „Er ist wieder da“ ans Herz zu legen, wenn ihr auf der Suche nach einem anspruchsvollen, aber durchaus auch ungewöhnlichen Buch seid. Eine derartig tiefschwarze und zugleich auch durchwegs böse Gesellschaftssatire werdet ihr noch selten in Händen gehalten haben. Es mutet anfangs durchaus seltsam an, dass man bei diesem zweifellos ernsten Thema fallweise zum Schmunzeln verleitet wird – was aber durchaus zulässig erscheint. Der Leser sollte nicht hinterfragen, dass die Handlung auf einem nicht möglichen und damit rein fiktiven Umstand – das Erwachen des realen Adolf Hitler – beruht. Der Reiz des Buches liegt vielmehr darin, wie sehr es dem Wiederauferstandenen gelingen könnte sein Umfeld für sich zu vereinnahmen. Auch die Betrachtungen der heutigen Gesellschaft aus der Sicht eines Adolf Hitlers beinhalten eine sehr tiefsinnige Ironie.

Pedro

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„Er ist wieder da“, Satire-Roman von Timur Vermes,
gebundene Ausgabe mit 400 Seiten, Eichborn Verlag

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