In der Nacht zum 5. August waren der 14jährige Florian P. und der 16jährige Roland T. in einen Supermarkt in Krems eingebrochen. Mit Schraubenzieher und Gartenwerkzeug bewaffnet hatten sie einen Lieferanteneingang aufgebrochen und dadurch einen sogenannten stillen Alarm ausgelöst. Als die beiden Polizisten im Markt auf die Einbrecher trafen fielen drei Schüsse – P. wurde tödlich getroffen, T. schwer verletzt. Die Medien haben in den letzten Tagen eine sehr intensive Berichterstattung betrieben und auch in der Öffentlichkeit konnte ich beobachten das hier sehr unterschiedliche Standpunkte aufeinander treffen können.
Die beiden Täter hatten mit ihren jungen Jahren bereits Vorstrafen für ähnliche Delikte am Kerbholz, alleine dieser Umstand wird für viele Menschen schwer vorstellbar sein. Ich will hier aber nicht die Familienverhältnisse analysieren, da mir dazu auch schlicht entsprechende Hintergrundinformationen fehlen. Trotzdem kann man aus der Ferne sagen, dass die beiden wohl keine gut behüteten Jugendlichen waren. Alleine schon, dass ein 14jähriger um 2 Uhr in der Früh unterwegs ist, ist gesetzwidrig und spricht Bände. Wie man hört, könnte den Eltern ein Verfahren wegen Verletzung der Aufsichtspflicht drohen. Aus der Tat selbst lese ich eine gewisse jugendliche Naivität heraus, schließlich ist, so denke ich, allgemein bekannt, dass in einem Geschäft in der Nacht die Kassen geleert sind. Andererseits wurde nun von der Polizei auch ein 28jähriger Rumäne als Komplize ausgeforscht, bei dem der 14jährige teilweise auch gewohnt haben soll. Für mich kommt der Verdächtige aufgrund des doch relativ großen Altersunterschiedes sehr gut für die Figur des Drahtziehers und Anführers in Frage.
Soviel mal zu den Einbrechern, widmen wir uns nun dem Polizeieinsatz. Ich möchte es ganz offen sagen: Für mich ist der Einsatz von Schusswaffen gegenüber Tätern, die mit einem Schraubenzieher und Gartenwerkzeug bewaffnet sind einfach keinesfalls angemessen. Vereinzelt hörte ich den leicht zynischen Unterton, dass man als Einbrecher mit dieser Gefahr rechnen müsse. Also bitteschön: Mit einer Verhaftung soll ein Kleinkrimineller rechnen müssen, aber bestimmt nicht mit der Gefahr erschossen zu werden. Wir sind nicht im wilden Westen! Natürlich gehen die Aussagen über die nächtliche Amtshandlung zwischen Polizisten und dem verwundeten Komplizen weit auseinander. Während man den jugendlichen Einbrecher noch am selben Tag verhörte konnte man die Polizisten erst nach drei Tagen psychologischer Betreuung im Beisein eines Rechtsanwaltes befragen – es gab also zumindest theoretisch genug Möglichkeit eine optimale Aussage abzusprechen. Nach Aussage von Roland T. hätten sich sein Freund und er, als sie im Markt Schritte hörten, in einer Nische versteckt und wollten flüchten. Die Polizei spricht von einem tätlichen Angriff durch die beiden Jugendlichen, die Schüsse wären dann unter schlechten Sichtverhältnissen in Notwehr gefallen. Die angeführte Notbeleuchtung ist ein weiteres Kapitel, schließlich wurden die Polizisten bei dem Vorfall von einem Mitarbeiter des Marktes begleitet, das Einschalten der Hauptbeleuchtung wäre also bestimmt möglich gewesen. Die Wahrheitsfindung wird in dieser Causa nicht einfach sein, wobei die Tatsache dass Florian P. der tödliche Schuss in den Rücken traf bestimmt klärungsbedürftig ist. Ich denke jedenfalls, ein Warnschuss wäre auch mehr als ausreichend gewesen.
Es wurde mir in Diskussionen vereinzelt nachgesagt, ich liefe mit meinen Aussagen Gefahr mich an einer ungerechten Polizisten-Hatz zu beteiligen. Das weise ich zurück, natürlich schätze ich die wichtige Arbeit der Exekutive und es ist umgekehrt auch bestimmt nicht meine Absicht Einbrüche zu verharmlosen. Aber es geht schon auch um die Relation, ob man – im wahrsten Sinne des Wortes – mit Kanonen auf Spatzen schießen darf. Die Polizei muss ihre Aufgaben einfach auch ohne „Lizenz zum Töten“ wahrnehmen können. In diesem Zusammenhang hat sich auch der Generalsekretär von Amnesty International (ai), Heinz Patzelt, zu Wort gemeldet und der Polizei attestiert „nicht schießwütig“ zu sein, zugleich aber eine lückenlose Aufklärung des Falles gefordert. Es geht nicht darum eine Berufsgruppe zu verunglimpfen, aber einen Todesfall unter den Teppich zu kehren kann es halt einfach auch nicht sein.
Wie vor kurzem bekanntgegeben wurde ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Korneuburg offiziell gegen die Polizeibeamten wegen „fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen“. Man wird sehen wie sich die Ermittlungen gestalten und ob es zu einer Anklageerhebung kommt, der Strafrahmen beträgt bis zu 3 Jahren Haft. Es geht mir selbst aber gar nicht so sehr um das Strafverfahren, über ein angemessenes Urteil hat die unabhängige Justiz zu entscheiden. Aber ein offizielles Eingeständnis, dass das Verhalten der Polizisten ein Fehler war und Maßnahmen gesetzt werden, die künftig ein solches Vorgehen verhindern würde ich mir doch sehr wünschen.
© Pedro