Gerhard Maria Wagner – Ein Irrweg des Vatikan – Ansichtssache

Die Entscheidung von Papst Benedikt XVI., den als erzkonservativ geltenden Priester von Windischgarsten, Gerhard Maria Wagner, zum Linzer Weihbischof zu bestellen hat in österreichischen Kirchenkreisen nicht nur für Verwunderung, sondern auch heftiges Unbehagen gesorgt. Während Diözesanbischof Wagner einen mit der Kirchenbasis abgestimmten Dreiervorschlag ausarbeitete, wurde beschieden, dass der heilige Vater eine andere Person wünsche. Worauf nichts anderes überblieb, als den Wunschkandidaten des Papstes, Pfarrer Wagner, in Vorschlag zu bringen.

Der Papst hat hier sehr bewusst eine autoritäre Entscheidung gegen die Basis getroffen. Letztlich wurde auch Kardinal Schönborn überfahren oder möglicherweise in die Entscheidung gar nicht eingebunden. Dass die Kirche nicht wirklich ein gutes Beispiel für demokratische Strukturen bietet ist natürlich bekannt, trotzdem bleibt die Frage für die Beweggründe des Joseph Ratzinger für sein Vorgehen. Die Linzer Diözese gilt als strukturell sehr stark, was auch teils mit progressiven Kräften verbunden ist. So wurde etwa auf die stärkere Laienbeteiligung oder ein Überdenken der Situation der Frau in der Kirche gesetzt. Hier mutmaßt man, dass Einflüsterer nach Rom gepilgert wären um gegen allzu liberale Kräfte ein Zeichen setzen zu lassen. Dass man dabei bei Papst Benedikt XVI. nicht auf allzu große Ablehnung stoßen würde, darf nicht überraschen.

Wer ist nun aber eigentlich Gerhard Maria Wagner und was ist die Ursache für die offene Entrüstung? Der 54jährige Priester von Windischgarsten gilt als strammer romtreuer „Hardliner“ und fiel schon in der Vergangenheit mit manch sonderlicher Wortspende auf. Die einstmals getroffene Aussage, dass Hexenmeister Harry Potter ein Werk des Satans sei, kann man wohl noch als harmlosen Unsinn abtun. Geschmacklos wird es aber zweifellos, wenn die Tsunami-Katastrophe zu Weihnachten 2004 laut Wagner nicht zufällig Touristen getroffen hätte, die in der Ferne urlaubten anstatt zu Hause das Fest zu feiern. Ähnlich verhält es sich mit der Aussage, dass der Hurrikan Katrian den Zweck erfüllt habe, in New Orlean Nachtklubs, Abtreibungskliniken und Homoparaden zu zerstören. Damit möchte Wagner Naturkatastrophen, die großes Leid über die Menschheit bringen, ernsthaft als Strafe Gottes interpretieren. Zu bestrafen sind demnach all jene, die nicht dem verbohrten Weltbild eines nach mittelalterlichen Anschauungen verhafteten erzkonservativen Katholiken angehören. Für mich ist das bösartiger Zynismus, der nichts mehr mit christlichen Werten zutun haben kann.

Auch in „seiner“ Kirche in Windischgarsten führte Wagner in den letzten Jahren ein eigenwilliges Regiment. Mädchen wurden, sogar entgegen der Vorgaben vom Vatikan, nicht als Ministranten zugelassen oder Gläubigen wurde nach eigenem Gutdünken die Kommunion verweigert. Ein jüngstes Beispiel der Geisteshaltung Wagners ging zuletzt durch die Medien. Vor etwas über einer Woche kamen in Oberösterreich drei Kinder bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben. Pfarrer Wagner wird der Beisetzung am Friedhof seiner Gemeinde Windischgarsten nicht beiwohnen und fühlt sich „nicht zuständig“. Die Eltern der verunglückten Kinder sind Zeugen Jehovas.

Die Basis, so hört man, soll sich bereits schmerzlich an die Kirchenkrise der 90er Jahre rund um Kardinal Hans Hermann Groer und Bischof Kurt Krenn erinnert fühlen. Auch diese Personalentscheidungen wurden schließlich vom damaligen Papst Johannes Paul II. aus Rom diktiert und stürzten die heimische Kirche in eine langjährige Krise. Immerhin werden bis 2012 weitere vier Diözesanbischöfe neu zu besetzen sein. Während ein weiteres massives Diktat aus Rom vom Kreis um Kardinal Schönborn angeblich als nicht wahrscheinlich gesehen wird glaubt Kirchenhistoriker Liebmann eine wohlüberlegte Strategie von Benedikt XVI. erkannt zu haben. Der Papst wolle mit seiner Entscheidung die rund 30 Prozent erzkonservativer Katholiken zufriedenstellen, die sich zuletzt ins Abseits gedrängt gefühlt hätten. Gerhard Maria Wagner wird am 23. März im Linzer Mariendom geweiht und die erzkonservative Kirchengemeinde wird in Österreich damit nicht nur einen symbolischen Aufwind erleben.

Pedro

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