Schöne Worte

Das Schreiben war mir stets leicht von der Hand gegangen. Dennoch kann ich nicht sagen, dass ich mit meiner Ausdrucksform wirklich zufrieden bin …

Schon in der Volks- und Hauptschule bescherten mir meine Aufsätze eine gute Note im Unterrichtsgegenstand Deutsch. An der Handelsschule konnte ich in Betriebswirtschaftslehre mit brillianten Geschäftsbriefen punkten. In meiner IT-Berufslaufbahn betreute ich zeitweise auch die Inforedaktion des Unternehmens.  Als Hobbyautor habe ich in Blogs zahlreiche Beiträge zu unterschiedlichen Themen verfasst und manch andere literarische Experimente angedacht. Ein Buchprojekt, in welchem mein Leben abgehandelt werden sollte, ist aber letztlich in einer Schublade gelandet.

Es könnte nun der Schluß gezogen werden, dass meine Berufswahl besser auf die schreibende Zunft als die IT hätte fallen sollen. Dieser Sichtweise kann ich nur bedingt zustimmen, da erst zu hinterfragen wäre welche Art des Broterwerbs geeignet gewesen wäre. Die Rhetorik kann nicht über meine sozialen Mankos hinwegtäuschen, die eine zwischenmenschliche Kommunikation besonders in der Gruppe und gegenüber nicht vertrauten Personen deutlich erschweren. Die Fiktion widerum hat mir nie viel bedeutet, wenngleich ich mich ihr in einzelnen Beiträgen bedient habe – wohl aber nur zu dem Zweck um meine persönliche Geschichte etwas versteckt darstellen zu können.

Es ist mir meist recht leicht gefallen vertraute Sachverhalte in eine ansprechende Form zu gießen, was mir nur wenige Menschen absprechen werden. Es kann vereinzelt vorkommen, dass sich Freunde an mich wenden, wenn es darum geht einen geschäftlichen Brief aufzusetzen und tatsächlich konnte ich oft und rasch helfen. „Das hört sich beinahe an, als hätte es ein Anwalt geschrieben“, wurde ich schon mal über Gebühr gelobt.

In dieser bestimmt wohlgemeinten Aussage liegt aber auch schon wieder die Krux begraben. Es mag zwar hilfreich sein sich der förmlichen Darstellung bedienen zu können, doch gibt es in meiner Ausdrucksweise wenige abweichende Möglichkeiten. Damit will ich sagen, dass auch persönliche Inhalte einen sehr ähnlich förmlichen Unterton aufweisen. Der Geschäftsbrief mag zwar zum richtigen Zeitpunkt ein wichtiges Stilmittel sein, er wird zugleich aber als abgehoben und emotionsarm wahrgenommen. Das mögen jene Menschen die mich besser kennen respekieren, doch ist es zugleich ein Quell für Mißinterpretationen in der Gesellschaft. Meine Rhetorik hat sich soweit verinnerlicht, dass sie nicht nur beim Schreiben sondern auch beim Sprechen zum Einsatz kommt.

Der Titel dieses Postings – „Schöne Worte“ – ist bewusst mit einer gehörigen Portion Ironie unterlegt, welche unterschiedlich gedeutet werden kann. Der Begriff der „schönen Worte“ wird auch mit dem weniger schmeichelhaften und bewussten Schönreden einer wenig beschaulichen Situation assoziiert und gerne Politikern nachgesagt. Dieser Umstand trifft durchaus auch auf meine Ausdrucksweise mit der wesentlichen Abweichung zu, dass ich dies nicht absichtlich tue. Aber wenn ich gefragt werde wie es mir geht oder ob mich etwas stört wird in den meisten Fällen ein rhetorisch guter, aber auch verharmlosender Redeschwall losgetreten, der jeglichen Ausdruck von Emotionen vermissen lässt.

Eine klinisch-psychologischen Begutachtung, der ich mich im Oktober 2012 unterzog, kam unter anderem zu folgendem Ergebnis …

„… hat einen sehr ausschweifenden Erzählstil, besteht auf die Klärung jedes Wortes und jeder Diagnose – die zwanghafte Persönlichkeitsstruktur ist im vertieften Gespräch deutlich präsent.“

Seit 2014 nehme ich eine Psychoeinzeltherapie in Anspruch, in welcher wir gute Wege für zwischenmenschliche Problemstellungen – die oftmals aus meiner Scheu vor Konflikten resultierten – gefunden haben. Ein Psychiater attestierte mir in Zusammenhang mit meinem Lebensweg den Verdacht auf Asperger Syndrom – Infos dazu habe ich unter aspie.labut.at zusammengestellt.

Ich weiß, dass ich an meiner Sprache nicht viel ändern kann. Dennoch will ich daran arbeiten zu wesentlichen und oftmals für mich äußerst belastenden Sachverhalten klarere Worte zu finden.

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