Natascha Kampusch war 1998 im Alter von 10 Jahren vom Nachrichtentechniker Wolfgang Priklopil entführt und länger als acht Jahre in seinem Haus in Strasshof gefangen gehalten worden. Als Kampusch 2006 die Flucht gelang nahm sich ihr Entführer wenige Stunden darauf das Leben. Das Medienecho war seither enorm. Ich möchte in meinem Beitrag aber keinesfalls den kompletten Fall abhandeln – das haben andere Medien schon zur Genüge getan – sondern lediglich auf manch seltsame Verschwörungstheorien und Widersprüche eingehen, die mir zuletzt zu Ohren gekommen sind.
Natascha Kampusch hatte über ihre Gefangenschaft stets berichtet, sie wäre davon ausgegangen, dass Priklopil ein Einzeltäter gewesen sei, da ihr nie ein Mittäter zu Gesicht gekommen sei. Bis zum heutigen Tage widersprüchlich bleibt dazu die Aussage einer Schulkollegin, die die Entführung 1998 im weißen Kastenwagen beobachten konnte und von zwei Personen im Wagen gesprochen hatte. Dieser Umstand wurde letztlich als Irrtum abgetan, wobei es mehr als fraglich bleibt ob diese Erklärung zufriedenstellend ist.
Im Zuge der Aufarbeitung des Falles wurde eine Kampusch-Ermittlungskommission eingerichtet, die der Frage einer Mittäterschaft näher auf den Grund gehen sollte. Deren Leiter, der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes Ludwig Adamovich, irritierte Ende 2009 mit seiner Aussage, dass es Kampusch in der Zeit ihrer Gefangenschaft „womöglich allemal besser gegangen wäre als in der Zeit davor“. Diese Aussage wurde von ihm anfangs auch verteidigt, erst nach einer Klage durch Kampuschs Mutter Brigitta Sirny gestand Adamovich ein, dass er einige seiner Aussagen zu dem Fall „als Jurist so nicht hätte sagen dürfen“.
Auch wenn Natascha am Tag vor der Entführung angeblich Streit mit ihrer Mutter hatte und auch die Familienverhältnisse aus der Ferne betrachtet nicht die besten waren stellt sich für mich doch die Frage, wie ein Spitzen-Jurist zu der Aussage kommen kann dass die Gefangenschaft wohl für das Mädchen besser gewesen wäre, als wenn sie weiter bei ihrer Familie gelebt hätte. Letztlich fand ich mich dann doch damit ab, dass Adamovich eine unbedarfte Aussage getätigt hätte. Erst vorige Woche wurde die Untersuchung von der Kommission mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass Wolfgang Priklopil definitiv keine Mittäter gehabt hätte. Priklopil wurde von dem ihm nahestehenden Personen immer als Einzelgänger wahrgenommen, letztlich ist auch in diesem Zusammenhang die Einzeltätertheorie durchaus glaubwürdig.
In der Vergangenheit hatte ich schon beobachtet, dass in Teilen der Bevölkerung großes Misstrauen zu dem vorgelegten Untersuchungsergebnissen herrscht. Darauf wurde ich erst kürzlich wieder aufmerksam als ich zufällig eine Diskussion in einem Kaffeehaus mitverfolgen konnte. Die dargelegte Theorie schoss aber aus meiner Sicht tatsächlich den Vogel ab. Angeblich hätten Priklopil und die Mutter von Natascha Kampusch, Brigitta Sirny, gemeinsame Sache gemacht – aus Sicht der Kellnerin waren sie sogar ein Paar. Letztlich wäre Kampusch nun beinahe so etwas wie ein Medienstar und hätte natürlich mit ihrer Geschichte auch einiges an Geld verdient. Und auch die Mutter, Sirny, die wohl mit Hilfe eines Co-Autors das Buch „Verzweifelte Jahre“ auf den Markt brachte hätte finanzielle Interessen befriedigen können. All das wäre von Beginn an Berechnung gewesen.
Abgesehen davon, dass die geschilderte Theorie für mich aus mehrerlei Sicht unvorstellbar ist würde es doch Belege geben, wenn Priklopil und Sirny tatsächlich jemals Kontakt miteinander gehabt hätten. „Warum wären diese Belege von der Untersuchungskommission negiert worden“, warf ich nun in die Diskussion ein. Ich bekam zu hören, dass die Kommission dieses Faktum bewusst unter den Teppich gekehrt hätte, da dieser Umstand angeblich dem Ansehen Österreichs geschadet hätte. Ein Beweis dafür wäre, dass sich Adamovich eben einmal versprochen hätte. Nun, so hätte ich das zwar nicht gedeutet, aber bitte! Und warum würde Natascha Kampusch dazu schweigen? Weil sie mit ihrer Situation als „kleiner Star“ durchaus zufrieden sei. Na klar! Und die 8jährige Gefangenschaft war wohl ein Vergnügen…
Ich bin mit der Art und Weise wie sich Natascha Kampusch den Medien geöffnet hat auch nicht immer glücklich gewesen. Auf der anderen Seite will ich ihr auch keinen großen Vorwurf daraus machen, dass sie offenbar dem Drängen der Medien nachgegeben hat. Dass der Fall möglicherweise nicht vollständig geklärt wurde ist teilweise auf Ermittlungsfehler zurückzuführen und Ludwig Adamovich hat mit seiner Aussage bestimmt auch nicht das Beste dazu beigetragen. Verschwörungstheorien, wie oben beschrieben, gehören für mich aber trotzdem in das Reich der etwas abstrusten Phantasie…
Pedro