In Österreich stehen im Jahr 2010 einige Wahlgänge bevor. Im April wird – voraussichtlich wenig spektakulär – Bundespräsident Heinz Fischer in seinem Amt bestätigt werden. Nebst einzelner Gemeinderatswahlen werden aber auch drei Bundesländer einen neuen Landtag wählen, wo schon für etwas mehr Spannung in den Parteien gesorgt sein wird.
Durch vorgezogenen Landtagswahlen im Burgenland werden die Wähler noch im Frühjahr 2010 zu den Wahlurnen gerufen. Landeshauptmann Hans Niessl von der SPÖ hat eine absolute Mehrheit mit zuletzt 52,18 Prozentpunkten zu verteidigen.
Im Herbst wählt das Bundesland Steiermark. Die Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf Rennen zwischen SPÖ und ÖVP voraus. Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) hat bereits seinen Verbleib in der Politik davon abhängig gemacht, dass die SPÖ aus der Landtagswahl wieder als stimmenstärkste Partei hervorgeht, was in der Steiermark 2005 erstmalig gelangt.
Als besonders spannend erachte ich – nicht nur weil ich selbst Wiener bin – die Landtagswahl am 10. Oktober in der Bundeshauptstadt. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat in Wien eine relativ knappe absolute Mandatsmehrheit zu verteidigen, die bei dieser Wahl verloren gehen könnte. Sein größter Herausforderer wird FP-Chef H.C. Strache sein, der schon unter dem bezeichnenden Motto „Kampf um Wien“ zu einem aggressiven Wahlkampf ausgerufen hat und in bestimmten Bevölkerungsschichten bestimmt auch stark punkten könnte.
Auch wenn bis dato noch keine offizielle Wahlkampferöffnung stattgefunden hat kann man an so manchen Aussagen der Politiker erkennen, dass wir uns bereits mitten drin befinden.
Manche Umfragen bescheren der Wiener SPÖ Werte um die 40 Prozentpunkte, was natürlich zu einer zunehmenden Unruhe am Wiener Rathausplatz führt. Vor wenigen Wochen hat Bürgermeister Häupl daher eine Volksabstimmung unter dem Titel “Wien will’s wissen” für den Februar 2010 aus dem Hut gezaubert, um die Volksnähe seiner Partei zu demonstrieren. Es wurde natürlich betont, dass diese etwas überraschende Maßnahme in keinem Zusammenhang mit der anstehenden Landtagswahl stehen würde – ob das glaubwürdig ist steht auf einem anderen Blatt.
Die Fragen sind im ersten Moment nicht wirklich weltbewegend und müssten teilweise auch hinterfragt werden. Die SPÖ Wien hat betont, dass die Ergebnisse der Volksbefragung bindend wären und die entsprechenden Maßnahmen umgesetzt werden würden. Da zumindest ein Teil der Fragen für mich aber nicht klar zu beantworten ist glaube ich derzeit kaum, dass ich mich selbst an dieser Befragung beteiligen werde. Ich möchte meine Gedanken zu den einzelnen Fragen kurz anführen.
Die geplanten Fragen zur Volksabstimmung “Wien will’s wissen” der Reihe nach…
- Sind Sie dafür, dass in Wien die Möglichkeit geschaffen wird, neue HausbesorgerInnen einzustellen?
In dem Haus in dem ich lebe gibt es so genannte Hausbetreuer, die zwar nicht im Haus wohnen, ihre Sache aber sehr gut machen – gewissermaßen eine Weiterentwicklung des klassischen Hausbesorger. Die Kosten für einen Hausbesorger müssen ohnehin über die Betriebskosten von den Mietern beglichen werden, weshalb ich denke, dass diese Entscheidung – wenn schon bei diesem Thema die Demokratie so groß geschrieben werden soll – von den Mietern der einzelnen Häuser und nicht in einer Volksabstimmung zu entscheiden wäre.
- Sind Sie für ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen in Wien?
Die Einführung der Ganztagsschule wird von Michael Häupl definitiv unterstützt, weshalb ich auch denke dass sie – sofern finanzierbar – ohne einer Volksabstimmung mit den Stimmen der SPÖ Wien umgesetzt werden könnte.
- Soll in Wien eine Citymaut eingeführt werden?
Diese Frage würde ich mit einem „Nein“ beantworten, wenngleich ich bestimmt kein Sympathisant der Autofahrer-Lobby bin. Wie Verkehrsexperten bereits einwarfen würde eine solche Maßnahme die Shopping-Center am Stadtrand zulasten innerstädtischer Einkaufsmeilen bevorzugen, was nicht unbedingt begrüßenswert ist. Die Kurzparkzonen in den innerstädtischen Bezirken haben aus meiner Sicht einen ausreichenden Lenkungseffekt um möglichst auf den öffentlichen Verkehr auszuweichen.
- Sind Sie dafür, dass die U-Bahn am Wochenende auch in der Nacht fährt?
Wir haben in Wien ein relativ attraktives Nachtautobus-System, dass auch Gebiete versorgt, die über keine U-Bahn Station verfügen. Es bleibt also die Frage, welche Auswirkungen ein U-Bahn Nachbetrieb auf das Nachtautobus-System hätte. Generell würde ich einem Nachtbetrieb der U-Bahnen am Wochenende aber nicht ablehnend gegenüberstehen, wobei natürlich auch die Kostenfrage mitberücksichtigt werden muss.
- Sind Sie dafür, dass es in Wien für sogenannte „Kampfhunde“ einen verpflichtenden Hundeführerschein geben soll?
Die letzte Frage wäre von mir mit einem klaren „Ja“ zu beantworten. Mag sein, dass ich den so genannten „Kampfhunden“ äußerst skeptisch gegenüberstehe und sie aus meiner Sicht in einer Großstadt kaum etwas verloren haben. Dennoch dreht es sich hier nicht unbedingt um eine Frage, die durch eine Volksabstimmung (quasi „Hundehalter“ gegen „Nichthundehalter“) sondern von den politisch verantwortlichen in angemessener Form entschieden werden könnte.
In einem Wahlkampfjahr gewinnt das Thema Volksabstimmung also offenbar an Attraktivität. Eine ähnliche Diskussion konnte man in der Debatte um das Erstaufnahmezentrum für Asylanten vereinzelt über die Parteigrenzen hinweg beobachten. Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich lehne Volksabstimmungen als Mittel der direkten Demokratie keineswegs ab, sehr wohl aber deren missbräuchliche Verwendung als Wahlkampf-Zuckerl. Letztlich besteht die Politik nicht immer aus Fragen die eindeutig mit einem JA oder einem NEIN auf Basis des Mehrheitsrechtes zu entscheiden sind.
Ich habe mir vorgenommen, dass ich mich im Laufe des Jahres nach jeweils geschlagener Wahl oder auch der kommenden Volksabstimmung in Wien vereinzelt in meiner Kolumne „Ansichtssache“ zu Wort melden werde.
Pedro